Ein Interview mit Axel Schwartz, Axel Schwartz People Management GmbH. Das Interview (unten in Originalversion) ist zuerst im AMC Magazin – Ausgabe Nov/2020 Sonderausgabe zum AMC-Herbstmeeting 2020 erschienen
Angesichts herausfordernder Zeiten, denen Corona nur das i-Tüpfelchen aufsetzt, sind Versicherer mehr denn je dankbar für Unterstützung in Sachen People Management. Wir haben dazu bei Axel Schwartz, Geschäftsführer der Axel Schwartz People Management GmbH in Köln, nachgefragt. Das auf die Versicherungswirtschaft spezialisierte Personalberatungsunternehmen ist langjähriger Partner im AMC.
AMC: Herr Schwartz, Sie unterstützen Unternehmen der Versicherungswirtschaft bei der Gewinnung passender Fach- und Führungskräfte & Agenturen. Wann passt es denn Ihrer Meinung nach am besten zusammen?
Schwartz: Neben den harten Fakten wie z.B. formale Qualifikation und Erfahrung ist wichtig, dass die wechselseitigen Erwartungen von Führungskraft und Kandidat klar kommuniziert werden. Dies ist ein wichtiges Fundament für die künftige Arbeitsbeziehung. Sie müssen auch im weiteren Verlauf immer wieder auf den Prüfstand gestellt und bei Bedarf angepasst werden. Beispielhaft nennen möchte ich hier Werte, Einstellungen und die Identifikation des Mitarbeiters mit der Unternehmenskultur. Wenn hier schon zu Beginn einer Partnerschaft Unklarheit besteht, fehlt das Fundament für eine langfristig funktionierende Bindung, auf der Konflikte partnerschaftlich ausgetragen werden können. Ansonsten ist dies vergleichbar mit der bekannten offenen Zahnpastatube in einer Lebenspartnerschaft, da die Ursache für den banalen Streit unausgesprochen ist und der Konflikt viel tiefer liegt.
AMC: Was können Versicherer dafür tun, um für qualifizierte und interessante Bewerber als attraktive Arbeitgeber zu gelten?
Schwartz: Heute muss ein Versicherer mehr denn je auf Basis eines soliden Wertefundamentes anpassungsfähig und flexibel sein. Dies zeigt aktuell die Coronakrise. Hier galt es schnell, sich umzustellen und auf geänderte Rahmenbedingungen zu reagieren. Unternehmen müssen heute immer in Bewegung und in der Lage sein, sich zu verändern. Wichtig ist allerdings hierbei, dass das Fundament, also die Grundwerte, immer erhalten bleiben. Dies macht Unternehmen für junge Menschen, die heute stärker als früher wieder nach Sicherheit streben, interessant. Innovativ, offen und hierarchisch flach wie ein Startup, aber auf einem sicheren Fundament. Das ist jungen Bewerbern der Generationen Y und Z heute sehr wichtig.
AMC: Wer heute eine Führungsposition in der Versicherungswirtschaft besetzen möchte, braucht vor allem was?
Schwartz: Empathie ist heute bei Führungskräften wichtiger als je zuvor. Die Generationen Y und Z wollen mitgestalten, mitreden und ernst genommen werden. Dies erfordert von einer Führungskraft, sich in einem hohen Maß selbst zurücknehmen und die Mitarbeiter mit guten Argumenten vom eigenen Weg zu überzeugen. Dies beinhaltet dann aber auch die Kunst, bei mangelndem Konsens zum richtigen Zeitpunkt eine Entscheidung zu treffen und diese auch gegen Widerstände zu vertreten. Man wird es nie jedem recht machen können und hier ist dann Rückgrat und Konsequenz von der Führungskraft gefragt. Das erwarten auch die Mitarbeiter.
AMC: Sie und Ihr Team „denken mit, erkennen und beobachten Trends“. Was sind Ihrer Meinung nach derzeit (auch angesichts der Herausforderungen durch die Coronapandemie) die wichtigsten Entwicklungen der Branche, die sich nachhaltig fortsetzen werden?
Schwartz: Es gibt eine ganze Reihe von coronabedingten Trends, die meiner Meinung nach auch nach der Pandemie fortbestehen werden. So wird das Home-Office für einen Großteil der Mitarbeiter in der Versicherungswirtschaft selbstverständlich sein. Eng hiermit verbunden sind zusätzliche Themen wie zum Beispiel alltägliche Videokonferenzen, möglicherweise künftig sogar ganz andere Arbeitszeitmodelle. Auf der anderen Seite könnte dies aber auch Auswirkungen auf Büroflächen der Versicherungsunternehmen und Standorte haben. Diese werden hierdurch möglicherweise in jetzigem Umfang nicht mehr benötigt. Die Einfachheit von Videokonferenzen und deren Akzeptanz wird zu deutlich weniger Dienstreisen führen. Auch die beliebte Frage nach Mobilität bei Bewerbern ist neu zu bewerten.
AMC: Ist zwingend eine Wohnortverlegung eines Stuttgarters für einen Job in der Hamburger Zentrale eines Versicherers notwendig?
Schwartz: Insgesamt durchläuft die Versicherungsbranche coronabedingt aktuell einen zum Orkan beschleunigten Digitalisierungsschub. Vieles wird nach dem bekannten Nike-Motto „just do it“ einfach gemacht, was vor einigen Wochen noch stark in Zweifel gestellt wurde. Im Versicherungsvertrieb müssen sich hierauf auch Vermittler einstellen, wenn sie sich künftig am Markt behaupten wollen. Der vielbeschworene hybride Vertrieb mit der Verzahnung von persönlich und digital ist mit voller Wucht angekommen. Dies ist gut für diejenigen, die sich schon den in den letzten Jahren für die zunehmende Digitalisierung geöffnet haben. Für alle anderen besteht nun dringendster Handlungsbedarf, wenn sie auch künftig am Markt eine Rolle spielen möchten.