Aktuelle Entwicklungen in der Versicherungswirtschaft aus der Sicht eines Personalberaters
Zum Jahresanfang hat der Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) eine neue Statistik zu den Vermittlerzahlen 2016 veröffentlicht – mit spannenden Entwicklungstendenzen der einzelnen Vertriebswege. Die Zahl der gebundenen Versicherungsvermittler ist innerhalb eines Jahres um über 5.000 Eintragungen zurückgegangen. Bei den Finanzanlagenvermittlern gab es einen kleinen Zuwachs um etwas mehr als 800 Vermittler. Bei den Versicherungsmaklern zeigte sich wenig Veränderung.
Die Zahlen spiegeln einen Wandel in der Assekuranz wider, der sich schon längere Zeit abzeichnet. Um Versicherungsunternehmen zukunftsfähig zu organisieren, werden Verwaltungsstrukturen verschlankt und neue Vertriebsmodelle entwickelt. Die zunehmende Digitalisierung von Geschäftsprozessen hat Auswirkungen, die besonders die Ausschließlichkeitsorganisationen betreffen. Führungshierarchien werden deutlich reduziert und gleichzeitig lagern Versicherer Prozesse an Vermittler aus. Verändertes Informationsverhalten der Kunden und eine deutlich anspruchsvollere Erwartungshaltung unterstützen den Veränderungsdruck zusätzlich. Dies alles führt zu Stellenabbau und einer Verlagerung von erforderlichen Kompetenzen. Kundenwünsche und Informationsverhalten
War Herr Kaiser früher der unangefochtene Experte in Versicherungsfragen, sind Kunden heute deutlich besser informiert. Auf der einen Seite steigen damit die Anforderungen an Beratung und individuelle Betreuung, auf der anderen Seite konkurrieren Makler und Vermittler mit Vergleichsportalen und Finanzplattformen. Auch das Produkt-Portfolio ist in Bewegung. Der Leben-Markt ist schwieriger geworden, die Geschäftsentwicklung bewegt sich von der Vorsorge hin zu Komposit. Interessant wird aktuell der Industriebereich, hier zeichnet sich ein großer Bedarf nach Wachstum ab.
Kundenorientierung versus Produktzentrierung
Es ist eine Binsenweisheit, dass der Wurm dem Fisch und nicht dem Angler schmecken muss. Trotzdem lag in der Vergangenheit das Augenmerk der Versicherungsunternehmen oftmals hauptsächlich auf der Produktvermarktung. Traditionelles Geschäftsverständnis steht jetzt aber vermehrt veränderten Anforderungen und Wettbewerbern gegenüber. Insbesondere die neu auf den Markt getretenen Insurtechs setzen starke Impulse in der strategischen Ausrichtung der Assekuranz.
Jetzt rücken der Kunde und sein individueller Bedarf ins Zentrum der Geschäftsmodelle. Was sich nach einer Selbstverständlichkeit anhört, kommt für die Assekuranz und ihre Mitarbeiter einem Umbruch gleich. Denn in den meisten Unternehmen wurde bisher vom Produkt ausgehend gedacht und geplant – und nicht in Lösungen für den Kunden. Der wachsende Erfolg der Insurtechs bringt Bewegung in den Markt. Nicht nur der strategische Ansatz des Kundennutzen überzeugt, auch die strikte Ausrichtung auf reibungslos funktionierende digitale Prozesse und gutes Marketing überzeugen immer mehr Nutzer und Kunden. Mit zunehmender Erfahrung und wachsendem Versicherungs- und Produkt-Know-how dürfte der Marktanteil der Insurtechs weiter steigen.
Neue Ideen und Wettbewerb
Neben dem Umsetzen einer Digitalisierungsstrategie, dem Verbreitern der Umsatzbasis zählt auch das Gewinnen neuer Berater und die Stärkung von kundenorientierten Betreuungskompetenzen zur Zukunftsstrategie von Finanzvertrieben. In der Versicherungsbranche stehen derzeit Start-ups, innovative Produkte und neue Serviceangebote im Fokus. Erfolgsmaßstab wird die Frage sein, ob und wie gut die Vertriebe auf diese neue Herausforderung vorbereitet sind.
Was Sie jetzt tun können:
- Schaffen Sie ein Bewusstsein an jeder Stelle im Unternehmen für veränderte Kundenerwartung
- Leben und verinnerlichen Sie die neue Kundensicht konsequent und glaubhaft gerade in den Führungsebenen
- Mit hoher Digitalisierung schaffen Sie einfache Prozesse für Ihre Kunden
- Berücksichtigen Sie bei der Personalauswahl die Anforderungen Ihrer Kunden, die neue und veränderte Skills erwarten
- Coachen und entwickeln Sie Ihr Personals zu geänderten Kundenanforderungen. Bei „digital Ingnorants“ ist Toleranz fehl am Platz, vor allem am Point of Sale.